Xavier Naidoo: Vom Popstar zum Querdenker
Früher kannte man Xavier Naidoo als Sänger. Doch seit einigen Jahren driftet er immer mehr in Verschwörungskreise ab und scheint jetzt mit der Corona-Pandemie ganz dort angekommen zu sein.
Tatsächlich fällt der Popstar schon seit mehr als 20 Jahren mit einem Hang zu Verschwörungserzählungen und einer Nähe zur rechtsextremen Reichsbürgerbewegung auf und hat diese als renommierter Musiker wohl auch popularisiert. Erstmals öffentlich zeigte sich sein krudes Gedankengut, als er 1998 in einem Interview die Legitimität der deutschen Bundestagswahl anzweifelte. Auch 2011 behauptete Naidoo im ARD-Frühstücksfernsehen völlig selbstverständlich:
„Nein, wir sind nicht frei, wir sind immer noch ein besetztes Land. Deutschland hat keinen Friedensvertrag und dementsprechend ist Deutschland auch kein echtes Land.“
Im März 2020 postete er einen Song, in dem er Stimmung gegen Geflüchtete machte und wurde daraufhin von RTL aus der Jury von „Deutschland sucht den Superstar“ geworfen. Seitdem nutzt er intensiv Telegram, auch zum Verbreiten von Verschwörungserzählungen wie QAnon. Der Verschwörungscontent des Sängers kommt an, über 100.000 Abonennt*innen folgen ihm auf der Plattform. Auf Telegram konnte man beobachten, wie enorm sich Xavier Naidoo in den vergangenen Jahren radikalisiert hat. Dort nennt er den inzwischen mit Haftbefehl gesuchten rechtsextremen veganen Koch Attila Hildmann einen „Bruder im Geiste“.
2020 veröffentlichte Naidoo ein Video, worin man den Sänger sieht, wie er unter Tränen davon berichtet, dass in diesen Momenten in verschiedenen Ländern der Erde Kinder aus den Händen pädophiler Netzwerke befreit werden würden. Zudem forderte er seine Follower*innen dazu auf, nach dem Begriff „Adrenochrom“ zu suchen, eine direkte Anspielung auf die QAnon-Verschwörung. QAnon-Anhänger*innen glauben an ein Netzwerk einer pädophilen Elite, die Kinder entführen und ermorden würden, um dann aus ihnen ein Lebenselixier namens „Adrenochrom“ zu gewinnen, um sich damit zu verjüngen.
„Wie lange wollt ihr noch Marionetten sein?“
Aber nicht nur in Interviews und auf Telegram verbreitet er seine Verschwörungserzählungen, auch in Songtexten finden sich immer wieder politische Botschaften, mal unterschwellig, mal ganz eindeutig. Unter anderem nach der Veröffentlichung des Songs „Marionetten“ wurden dem Sänger und seiner Band „Söhne Mannheims“ vorgeworfen, mit dem Lied rechte Verschwörungstheorien zu bedienen und Gewalt zu schüren.
Darin finden sich hetzerische Zeilen wie:
„Alles nur peinlich und sowas nennt sich dann Volksvertreter
Teile eures Volks nennt man schon Hoch- beziehungsweise Volksverräter
Alles wird vergeben, wenn ihr einsichtig seid
Sonst sorgt der wütende Bauer mit der Forke dafür, dass ihr einsichtig seid“
Zuletzt bestätigte er mit dem neuen Projekt „Die Konferenz“, dass er nun endgültig im rechten Verschwörungssumpf versunken ist. Eine Gruppe um Naidoo, welche in ihren Liedern die Heimat besingt, die nicht souverän sei. Es sei nur gemeinsam gegen den Feind anzukommen und sie seien „der letzte Widerstand mit Fackeln und Flammen“, der nicht „vergeben und nicht vergessen“ werde. Ob die Heimat „wert zu sterben“ sei, fragen sie und reagieren mit: „Deine Heimat gibst du so schnell nicht auf.“ Mit dabei ist neben anderen bekannten Verschwörungserzähler*innen auch Hannes Ostendorf. Früher Frontmann der rechtsextremen Hooliganband „Kategorie C“ und 1991 an einem Brandanschlag auf eine Bremer Flüchtlingsunterkunft beteiligt.
Muss man ihn singen lassen?
Xavier Naidoo gibt aber eben nicht erst seit Corona den abstrusesten Verschwörungen eine Bühne. Trotzdem haben ihm Fernsehsender jahrelang eine Bühne geboten und zahlreiche Prominente nahmen ihn nach seltsamen Aussagen immer wieder in Schutz.
Jüngst kam es in Berlin, Rostock und seiner Heimatstadt Mannheim zu Diskussionen darüber, ob geplante Konzerte des Musikers abgesagt werden dürfen. Ganz grundsätzlich stellt sich mit Blick auf Naidoos Gesinnung die Frage, ob man seine Musik noch hören kann, darf oder will. Dazu habe ich mir einige Meinungen eingeholt:
Philipp J.*:
Also ich würde mich selbst zwar nicht als Fan von Xaviers Musik bezeichnen, trotzdem habe ich einige Songs immer gerne gehört. Wenn ich nichts von den Vorfällen wissen würde, würde ich seine Musik wahrscheinlich auch weiterhin ab und zu hören, jetzt aber eher nicht mehr. Da kann ich die Musik einfach nicht vom Künstler trennen.
Wie stehst du zu einem möglichen Verbot seiner Konzerte?
Hingehen würde ich selbst nicht, ich will ihn in keiner Weise unterstützen. Ich denke aber, dass es trotzdem genug Leute gibt, die den Künstler von der Musik trennen können und deshalb fände ich ein generelles Verbot nicht vertretbar.
Susanne M.*:
Naja, wenn er jetzt schon in seinen Liedern über Verschwörungen und rechte Ideologie singt, würde ich mir nichts mehr anhören.
Wie stehst du zu einem möglichen Verbot seiner Konzerte?
Ich denke, seine Konzerte können schon verboten werden, nur weil seine Gesinnung jahrelang geschützt und mehr oder weniger ignoriert worden ist, heißt es nicht, dass man das so weitermachen muss. Eine Rechtsrock-Band würde vermutlich auch nicht einfach so überall ein Konzert spielen dürfen und so weit weg davon ist er nun auch nicht mehr.
Peter K.*:
Ich werde seine Musik auf jeden Fall nicht mehr hören und um ehrlich zu sein, wäre ich auch etwas schockiert, wenn Radiosender oder Veranstalter noch Lieder von ihm spielen würden. Auch wenn sicher nicht alle Lieder solche Botschaften haben, geht es einfach darum, den Musiker nicht mehr zu unterstützen.
Wie stehst du zu einem möglichen Verbot seiner Konzerte?
Ich weiß nicht wie hier die rechtliche Lage ist, aber wenn es nach mir ginge, dann würden seine Konzerte verboten werden. Auch wenn seine Musik vielleicht noch unter Kunstfreiheit fällt, muss man dem Ganzen nicht auch noch einen Raum auf der Bühne geben, wo er dann möglicherweise auch zwischen den Liedern seine Verschwörungen verbreitet.
*Namen von der Redaktion geändert.
Bildnachweise