„Staatenbund Österreich“ – Verschwörung mit Endstation Haft
Keine Steuern und Versicherungen bezahlen. Polizei, Gericht und Ämter einfach ignorieren. Klingt im ersten Moment gar nicht so schlecht. Doch über die Konsequenzen eines solchen Verhaltens, sind sich wohl die meisten bewusst. Es sei denn, man erkennt den Staat Österreich nicht an und hält ihn für eine Firma, wie es der „Staatenbund Österreich“ getan hat.
Ins Leben gerufen wurde der Staatenbund am 15. November 2015 von der ehemals in der FPÖ aktiven Monika Unger, die selbsternannte und unabsetzbare „Präsidentin“ der Bewegung. In ihren Vorträgen sprach sie von einer großen Verschwörung der „Mächtigen“ gegen die „kleinen Leute“. Hunderte hörten ihr zu, viele davon glaubten ihr und zum Höhepunkt der Gruppierung zählte das Bundesamt für Verfassungsschutz 1.782 Mitglieder. Die Staatenbündler waren häufig typische Verschwörungstheoretiker*innen, nämlich solche, die endlich etwas Besonderes sein wollten. Die endlich zu den wenigen gehörten, die es verstanden haben und die Wahrheit kennen.
Die Ideologie der Staatsverweigerer*innen
Der „Staatenbund Österreich“ war eine staatsfeindliche Verbindung in Österreich, die Mitglieder Staatsverweigerer*innen. Sie haben die Republik Österreich nicht anerkannt, sondern hielten ihn für eine Firma. Jedes der neun Bundesländer wurde als eigener Staat angesehen, man lebte also zum Beispiel im „Staat Steiermark“. Für den Austritt aus dem System und den Eintritt in den Staatenbund benötigte man eine „Lebendmeldung“. Wer sich nicht lebend meldet, sei automatisch für Tod erklärt und verpasse somit die Chance auf sein eigenes Treuhandvermögen über mindestens 10 Mrd. Dollar. Lebend gemeldete Mitglieder bekämen Zugriff auf dieses Geld und sind von jeglichen Schulden und der Verfügungsmacht des Staates befreit.
Neben den Lebendmeldungen um 10 Euro stellte der Staatenbund auch weiter Pseudodokumente wie eigene Nummernschilder für das Auto oder eine Eintragung im „Landbuch“, dem erfundenen Äquivalent zum Grundbuch, zu je 100 Euro aus.
Gefährliche Vorbilder
Obwohl der „Staatenbund Österreich“ durchaus Parallelen mit der Reichsbürgerbewegung in Deutschland hatte, die nationale Idee aber nicht unbedingt im Mittelpunkt stand, wird der Staatenbund eher mit der „Freeman on the Land“ Bewegung verglichen. Diese hat ihren Ursprung in den USA und Kanada, die Mitglieder nennen sich „Sovereign Citizens“. Auch sie glauben an eine Verschwörung, erkennen den Staat nicht an und verweigern das Zahlen jeglicher Steuern. In den USA fallen die „Sovereign Citizens“ immer wieder mit schweren Gewalttaten auf, sogar Morde an Beamt*innen werden der Gruppierung zugeschrieben. Außerdem teilen sie rechtsextreme und antisemitische Ansichten. Der „Staatenbund Österreich“ hat zumindest auf offene rechtsextreme Positionierungen weitgehend verzichtet. Trotzdem waren die Texte, die auf der offiziellen Website „Österreich Rundschau“ veröffentlicht wurden, nur so von Antisemitismus, revisionistischer Geschichtsauffassung und etlichen Verschwörungsmythen durchzogen.
Die österreichische staatsverweigernde Gruppierung fiel allerdings nicht gewalttätig auf. Die Tätigkeiten der Mitglieder oder besser gesagt, was sie eben nicht taten, schadete in erster Linie ihnen selbst. Viele nahmen ihre Kinder aus der Schule und bezahlten keine Versicherungen mehr. Hinzu kommt, dass viele Mitglieder – darunter auch die „Präsidentin“ Monika Unger – an Esoterik glaubten. Sie bezahlten keine Krankenversicherung und weigerten sich, selbst oder mit ihren Kindern zum Arzt zu gehen. Briefe und Rechnungen wurden häufig ignoriert, wodurch teilweise hohe Schulden angehäuft wurden.
Trotzdem war spätestens seit dem 19. Oktober 2016 klar, dass von staatsverweigernden Gruppen eine echte Gefahr ausgeht, denn an diesem Tag tötete ein bayrischer Reichsbürger einen Politzisten. Daraufhin kam es in Österreich zu einer Gesetztesänderung und einem auf den Staatenbund zugeschnittenen Paragrafen („Staatsfeindliche Bewegungen“ – § 247a StGB) mit dem Ziel, die Gründung und Unterstützung staatsfeindlicher Verbindungen unter Strafe zu stellen.
Sendeschluss für den Staatenbund
Weder auf der offiziellen Webseite noch auf dem Facebook-Account des Staatenbundes Österreich wurde seit April 2017 etwas veröffentlicht. Das mag unter anderem daran liegen, dass am 20. April 2017 mit einer Großrazzia und Festnahmen von 27 Personen gegen den „Staatenbund Österreich“ vorgegangen wurde. Das Ganze geschah einen Tag, bevor dessen Mitglieder Gerichtssäle in Graz besetzen wollten.
Am 21. Oktober 2020 endete schließlich der Prozess gegen 13 Mitglieder des „Staatenbundes Österreich“. Die „Präsidentin“ Monika Unger und ihr Stellvertreter wurden unter anderem wegen versuchten Hochverrats verurteilt. Die beiden bekamen zwölf bzw. zehn Jahre Haft. Der Stellvertreter, ein ehemaliger Polizist, wurde außerdem aufgrund seiner Gefährlichkeit in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Die restlichen Angeklagten bekamen zwölf bis 30 Monaten, teilweise bedingt.
Spätestens diese Urteile werden dem „Staatenbund Österreich“ seine restliche Existenz ausgehaucht haben. Hierbei darf aber nicht unbeachtet bleiben, dass dem Bundesamt für Verfassungsschutz immer noch etwa 3.000 Personen bekannt sind, die der „Staatsverweigererszene“ zugerechnet werden können (Stand 2019). Diese Zahl zeigt, der Staatenbund war wohl oder übel nicht die letzte seltsame Ansammlung von Verschwörungsanhänger*innen, Antisemiten, Esoteriker*innen und Rechtsextremen.
Bildnachweise:
Abbildung 1: „Screenshot“: https://www.youtube.com/watch?v=DANDyasbDU8
Abbildung 2: „Screenshot“: http://www.oesterreich-rundschau.at/staatenbund-oesterreich/