Von der Verschwörungstheoretikerin zur Mutter: Interview mit Ex-Verschwörungstheoretikerin

Wie kommt es dazu, dass man an eine Verschwörungstheorie glaubt? Lassen sich verschiedene Verschwörungstheorien miteinander verienbaren? Wie kommt es, dass Menschen plötzlich nicht mehr an Verschwörungen glauben? – All das sind Fragen, die Verokina H.* uns in einem Interview beantwortet hat.

*Name von der Redaktion geändert

Die 42-jährige Veronika H. ist verheiratet, zweifache Mutter und lebt mit ihrer Familie in einem kleinen Haus in Niederösterreich. Bis zur Geburt ihres ersten Kindes glaubte sie an verschiedene Verschwörungstheorien. Ihre kritische Sichtweise bezüglich Politik und Medien ist geblieben. Doch wie kam sie zu den Verschwörungstheorien und warum glaubt sie nicht mehr an diese?

Der erste Kontakt mit Verschwörungstheorien

Verschwörung.at: Wie hat es bei Ihnen denn angefangen? Wann und wie sind Sie das erste Mal mit Verschwörungstheorien in Kontakt gekommen?

Veronika H.: So genau weiß ich das leider nicht mehr. Ich hatte damals nicht besonders viele Freunde als ich meinen Mann kennengelernt hab. Er hatte sich damals schon sehr intensiv mit Verschwörungstheorien auseinander gesetzt und auch einigen Glauben geschenkt. Ich denke das war mein erster Kontakt damit.

Verschwörung.at: Wie haben Sie damals darauf reagiert, dass er an Verschwörungstheorien glaubt?

Veronika H.: Manche Leute wären wahrscheinlich abgeschreckt. In mir hat es jedoch Neugier und Faszination ausgelöst. Ich habe mich dannach eben auch selbst damit beschäftigt. Anfangs fand ich jedoch vieles sehr befremdlich und teilweise amüsant.

Verschwörung.at: Wie kam es dann dazu, dass Sie schlussendlich doch an Verschwörungstheorien geglaubt haben?

Veronika H.: Das kam alles mit der Zeit. Ich war noch relativ jung und sehr verliebt. Und nach unzähligen Diskussionen konnte mich mein Mann von der einen oder anderen Verschwörung überzeugen. Wenn man erstmal an eine Verschwörung glaubt ist der Weg zu anderen Verschwörungen auch nicht mehr weit.

Grundstein für Verschwörungstheorien?

Verschwörung.at: Sie haben ja gerade eben schon erwähnt, dass wenn man erstmal an eine Verschwörungstheorie glaubt, anderen Verschwörungstheorien gleich viel näher ist. Lassen sich denn Verschwörungstheorien gut miteinander vereinbaren?

Veronika H.: Verschwörungen sind super miteinander zu vereinbaren. Im Grunde genommen steht jede Theorie für sich alleine. Oft bildet der Glaube an eine Verschwörung den Grundstein für eine andere. Das Misstrauen von Massenmedien aufgrund einer Verschwörungstheorie kann zum Beispiel dazu führen, dass anderen Verschwörungen auch schneller geglaubt wird. Zumindest war es bei mir so. Mein eigenes Weltbild und das Vertrauen in die Medien wurde so erschüttert, dass ich mir mit Hilfe verschiedenster Verschwörungen ein neues Weltbild aufgebaut habe. Eine Gute Grundlage für andere Verschwörungen ist diese „5.Dimension-Theorie“, bei der das „Erwachen“ eine ganz zentrale Rolle spielt.

Verschwörung.at: Könnten Sie vielleicht kurz diese „Dimensionen-Theorie“ erläutern?

Veronika H.: Im Kern ist es eigentlich keine Verschwörung. Es geht lediglich um das eigene Wohlbefinden und das Bestreben soziale Strukturen zu erkennen und sich davon loszulösen um ein glücklicheres und erfüllteres Leben zu führen. Ich glaube erst durch die Begriffe, Dimension, Aufsteigen und Erwachen, die zur Beschreibung dieser Theorie verwendet werden, wurde die Verbindung zu Verschwörungen gezogen. Heutzutage lese ich diese Theorie öfter in Verbindung mit Corona und den damit aufgekommen Verschwörungstheorien. Das Erwachen und Aufsteigen in die 5. Dimension wird quasi als begleiteffekt dafür gesehen, dass zur Zeit viele Menschen anfangen an Verschwörungen zu glauben und Regierung und Medien oft lächerlich kritisch zu hinterfragen.

Kinder können unsere Sichtweise verändern

Verschwörung.at: Wie kam es denn dazu, dass Sie nicht mehr an Verschwörungstheorien glauben? Glaubt ihr Mann weiterhin an Verschwörungen?

Veronika H.: Als ich mit meinem ersten Kind schwanger wurde haben wir beide uns langsam von diesen Theorien distanziert. Wird hatten zwar geplant später Kinder zu bekommen, aber die Schwangerschaft war ungeplant. Wir wurden sehr ins kalte Wasser geworfen und standen plötzlich vor einigen sehr wichtigen Fragen. Unter anderem eben wie wir unsere Kinder erziehen wollen und welche Werte wir ihnen mit geben wollen. Zudem kamen einige andere Aufgaben auf uns zu. Wir mussten umziehen, da unsere damalige Wohnung einfach zu klein gewesen wäre. Mit der Aufregung, Vorfreude und den Vorbereitungen blieb ehrlich gesagt wenig Zeit um uns mit diesen Theorien groß auseinander zu setzen.

Verschwörung.at: War das der Zeitpunkt an dem Sie aufgehört haben an Verschwörungstheorien zu glauben?

Veronika H.: Nicht direkt. Es war auf jeden Fall ein Anfang. So wirklich abgelebt habe ich den Glauben an Verschwörungstheorien erst nach der Geburt meiner zweiten Tochter. Meine Kinder haben meine Sichtweise auf das Leben und auf die Welt im Allgemeinen sehr verändert. Und dafür bin ich sehr dankbar.

An dieser Stelle bedankt sich Verschwörung.at für das Interview.

*Name von der Redaktion geändert

Bildquelle: „Kieler Förde“ by Jessica Dahlke lincensed under CC BY 2.0 (format changed and filter applied)