Österreichischer Chemtrailpilotenverband: Gründer im Interview

Wir haben für euch mit Paul R.*, dem Gründer des Österreichischen Chemtrailpilotenverband, gesprochen. Auf den sozialen Medien veröffentlicht dieser gemeinsam mit seiner Community Themen rund um Verschwörungstheorien.

*Name von Verschwoerung.at geändert.

Verschwoerung.at: Es gibt auf den sozialen Medien etliche Unterhaltungsseiten. Woher kam die Idee noch eine solche publik zu machen? Hätten Sie jemals damit gerechnet solch eine große Reichweite zu erreichen?

Paul R.: Ich habe die Seite 2015 gegründet. Als ich damit begonnen habe, gab es noch nicht viele solcher Seiten. Einmal wurde die Seite von Facebook gelöscht, wodurch der aktuelle Gründungszeitraum auf Facebook 2018 ist. Im Grunde ist meine Seite nichts anderes als ein Plagiat einer deutschen Facebook Gruppe. Als ich damals in diese Materie eingetaucht bin, handelte es sich um den deutschen Chemtrailpilotenverband. Ich habe mich darin köstlich amüsiert und dachte mir, man könnte das Ganze besser aufziehen und professioneller gestalten. Ich wollte dabei Verschwörungstheoretiker ärgern bzw. diese mit ihrer eigenen verqueren Logik konfrontieren. Meine Hauptmotivation war, dass ich es lustig gefunden habe. Dass es andere Leute auch lustig finden, war der positive Nebeneffekt.

Es klingt zwar blöd, aber ich glaube Corona ist das Beste, was dieser Industrie passiert ist. Die Zahlen solcher Seiten sind komplett explodiert. Das Thema Chemtrails bzw. Verschwörungstheorien war vorher eher ein Nischenthema und jetzt sind Verschwörungstheorien plötzlich mainstreamtauglich geworden.

Verschwoerung.at: Was hat sich der österreichische Chemtrailpilotenverband zur Aufgabe gemacht? Geht es darum Leute zu bespaßen, oder steckt vielleicht mehr dahinter?

Paul R.: Ich kriege sehr viele Zuschriften von Leuten, die fragen, ob ich zu bestimmten Themen etwas schreiben kann oder darüber aufkläre. Aber ich habe hier nicht vor irgendeinen Bildungszweck zu erfüllen. Es gibt wahnsinnig viele schlaue Menschen da draußen, die sich extrem viel mit Verschwörungstheorien beschäftigen und die können solche Dinge wesentlich besser behandeln als ich. Bei mir war es immer nur das „sich über andere Lustig zu machen“, so hart das jetzt klingen mag. Natürlich hat sich das im Laufe der Zeit geändert. Zu Beginn wollte ich die Verschwörungstheoretiker ärgern. Mittlerweile ist das nicht mehr der Fall. Inzwischen ist es massentaugliches Infotainmant geworden.

Verschwoerung.at: Wie bereits erwähnt sind Sie seit 2015 auf Facebook aktiv. Seit 2020 gibt es auch einen Twitter, Instagram und YouTube Kanal. Warum genau jetzt?

Paul R.: Der Grund dafür ist, dass die Seite immer wieder Gefahr läuft gelöscht zu werden. Das ist 2018 bereits einmal passiert. Hier hat Facebook die Seite aufgrund der Gründung einer kriminellen Organisation dicht gemacht. In Wahrheit hat es offenbar einen Meldeangriff aus der rechtsesotherischen Szene gegeben. Ab diesem Zeitpunkt, wollte ich mich nicht mehr nur auf Facebook verlassen. Momentan bespiele ich also vier Kanäle, wobei Facebook mit Abstand die größte Reichweite hat.

Verschwoerung.at: Betreuen Sie alle Kanäle allein, oder gibt es auch noch andere Personen?

Paul R.: Nein, ich mache alles allein. Man muss natürlich dazu sagen, dass ich durch die zunehmende Größe der Community wahnsinnig viele Sachen zugeschickt bekomme. Früher sind die meisten Postings von mir aus gegangen. Jetzt bekomme ich am Tag mindestens zehn Nachrichten mit Fotos oder Screenshoots, welche dann weiterverarbeitet werden.

Verschwoerung.at: Seit der COVID-19-Pandemie sind Verschwörungstheorien so präsent wie noch nie. Hatte dies Auswirkungen auf Ihren Content und Ihre Community?

Paul R.: Ja, ich glaube schon. Vor der Pandemie waren sicher 80% Chemtrail-Posts und der Rest bediente andere, übliche Verschwörungstheorien. Seit März letzten Jahres hat sich das fast umgedreht. Vom Inhalt her haben sich die Postings von allein geschrieben. Xavier Naidoo, Wendler, Attila Hildmann und Co. haben so viel Material geliefert, dass ein simpler Screenshoot schon ausgereicht hat um 1000 Likes zu bekommen. Die Community versucht solche Themen, die doch teilweise sehr komplex sind, humoristisch aufzubereiten. Dies ist sicherlich keine einfache Sache, aber ich glaube in den letzten Monaten ganz gut gelungen.

Verschwoerung.at: Wie bereits erwähnt kommen nicht alle Beiträge von Ihnen selbst. Auch die Community kann ein Bild an die Seite senden und dieses kann gepostet werden. Wie wird entschieden was veröffentlicht wird? Haben Sie sich selbst eine Grenze gesetzt, ab wann Humor zu weit geht?

Paul R.: Es passiert oft, dass mir Leute Bilder von anderen Seiten schicken und ich diese posten soll, was ich natürlich nicht mache. Ich will auch nicht, dass andere meine Sachen klauen. Ansonsten muss ich sagen, dass es kaum Themen gibt, welche nicht verwendet werden können. Genau weil so viele Geschichten, wie z.B. Adrenochrom, so absurd sind, muss darüber geredet werden. In dem Fall weiß auch jeder, dass es sich um eine Satire-Seite handelt. Vielleicht mache ich es mir auch einfach leicht, wenn ich sage, dass ich alles zu lasse. Sobald man eine Grenze setzt, ist es schwierig festzulegen, wo man beginnt und wo man aufhört.

Verschwoerung.at: Durch diese doch oft sehr provokanten Bilder und Aussagen, können sich bestimmte Personengruppen durchaus angegriffen fühlen. Passiert es daher öfter, dass Sie von diesen angefeindet werden und mit Hass im Netz konfrontiert werden?

Paul R.: Mir kommt vor, dass es früher mehr Hasskommentare gab. Ich kann nicht genau sagen, warum das so ist. Vielleicht liegt es daran, dass meine Seite seit ca. einem Jahr als Parodie bzw. Satire-Seite gekennzeichnet ist. Mich erreicht ca. ein Hassposting pro Monat. Meistens gehe ich darauf ein und unterhalte mich mit der Person. Häufig mache ich einfach einen Screenshoot und Teile das Ganze mit der Community. Der Typ, der mich beschimpft hat, wird es sich dann das nächste Mal besser überlegen, ob er jemanden anschreibt. Ich habe aber auch schon vernünftige Diskussionen mit Personen aus der Verschwörungsszene geführt. Diese stellen aber wirklich nur einen ganz geringen Teil dar.

Ansonsten habe ich auch schon von der Community eine auf den Deckel bekommen. Zum Beispiel letztes Jahr, als die Black Lives Matter Debatte war, habe ich ein Meme von einen schwarzen Piloten gepostet und darunter geschrieben Black Lives Matter und das ist nicht so gut angekommen. Ich habe mich dann auch dafür entschuldigt und habe den Post auch wieder gelöscht. Es gibt also auch Fälle von Posts, die ich lustig finde, aber die Mehrheit dann nicht und das ist auch völlig ok.

Verschwoerung.at: Haben Sie eine Lieblings-Verschwörungstheorie oder gibt es etwas, dass Sie besonders lustig finden?

Paul R.: Ob ich jetzt eine konkrete Lieblingstheorie habe, weiß ich gar nicht. Ich find es einfach interessant, dass alle Theorien, egal wie verrückt sie auch sind, irgendwo immer miteinander verknüpft werden. Das ist eigentlich das, was mich viel mehr reizt. Ich glaube, wenn du einmal da drinnen bist, findest du einfach wahnsinnig schnell einen Weg zu anderen Theorien und denkst plötzlich, dass alles einen Sinn macht. Das ist irgendwo das Traurige, aber auch das Faszinierende an der ganzen Geschichte.

An dieser Stelle bedankt sich Veschwoerung.at bei Paul R.* für das interessante Gespräch!

*Name von Verschwoerung.at geändert.